Versammelte ::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
:::::::: Werke :: Reinhard Kaisers Elektroarchiv ::: 

 
Vivant Denon über sich selbst
 
Mit einer entschiedenen Liebe zur Kunst bin ich geboren worden und habe sie schon als Kind nicht nur bewundert, sondern geradezu verehrt. Ich habe das Licht der Welt in einer Provinzstadt erblickt, die dem Talent zu seiner Entfaltung nichts bieten konnte. Ein angesehener Bürger, der an die fünfzig Zeichnungen zusammengetragen hatte, erschien mir als der großherzigste und nützlichste Mann im Staat. Die Ehrfurcht, die ich ihm entgegenbrachte, erwarb mir sein Vertrauen und seine Aufmerksamkeit: er vertraute mir die Zeichnung eines Kopfes von Carracci an; ich sah darin einen Vertrauensbeweis, für den ich ihm unendlich dankbar war, und diese Empfindung war so lebhaft, dass mich noch fünfzig Jahre später der Anblick des Hauses, in dem er gewohnt hatte, nicht ungerührt ließ.
 
Aus einem Fragment über die Entstehung und Zusammensetzung seiner privaten Sammlung, etwa 1820.
 
Der bon Vivant, dessen Namen ich trage, ist ein Heiliger, den man im Paradies kaum kennt, der sich dafür aber um so enger meiner Familie angeschlossen hat, in der es nur zwei Militärs gab — der eine war mein Großonkel, der jedoch zu meinem Glück vor allem ein Mann des Hofes blieb. Denn wenn ich heute genug zu essen habe, so deshalb, weil er sich aufs Trinken verstand und viel mit dem Grand Dauphin [dem ältesten Sohn Ludwigs XIV.] getrunken hat, der ihm zu seinem Vermögen verhalf. Sonderbarerweise hieß er Vivant. Der andere Vivant ist mein Neffe, der General Brunet, der in der Schlacht von Aspern einen Arm verlor...
 
Aus einem undatierten Brief an einen unbekannten General, nach 1809.
 
 
Ich habe Sie einmal sagen hören — wenn ich mich recht erinnere, war es gestern —, liebenswürdige Menschen seien so selten. Fern von Ihnen trifft einen diese Wahrheit mit ganzer Wucht. Deshalb werde ich zu allen Heiligen Venedigs beten, sie mögen schlechtes Wetter kommen lassen, so dass ich Sie recht bald wiedersehe. Aber sagen Sie dem Herrn Marin nichts davon, damit er mir bei der Rückkehr nicht böse ist.
 
Aus dem ersten Brief an Isabella Teotochi Marin, geschrieben am 4. November 1788 auf dem Rückweg nach Venedig. Tags zuvor war Denon ihr bei einer Abendgesellschaft in Treviso zum ersten Mal begegnet. Seinen letzten Brief schreibt er ihr vier Wochen vor seinem Tod,Anfang April 1825.
 
 
Wie hätte man derart kostbare Merkwürdigkeiten hinter sich lassen können, ohne sie zu zeichnen! Wie heimkehren, ohne sie nachher zeigen zu können! Lautstark verlangte ich nach einer Viertelstunde; man gewährte mir — mit der Uhr in der Hand — zwanzig Minuten. Jemand beleuchtete mir das Papier, während ein anderer eine Kerze an jedem Gegenstand vorbeiwandern ließ, den ich ihm bezeichnete.
 
In dem großen Buch über seine Teilnahme an Napoleon Bonapartes Ägypten-Expedition schildert Denon, wie er im Dunkeln, in einer Grabkammer im Tal der Könige, zeichnet, Frühjahr 1799.
 
 
Ich verbringe meine Tage damit, das näher kennenzulernen, was Sie mir anvertraut haben, und mich zum Herrn von alledem zu machen, so dass ich in Zukunft vielleicht der Meinung gerecht werde, die in Ihrer Wahl zum Ausdruck kommt; und jedesmal wenn ich eine mögliche Verbesserung entdecke, widme ich sie Ihnen und bekunde Ihnen meinen Dank dafür, daß Sie mich erwählt haben, um sie zu bewerkstelligen.
 
Aus einem Brief an Napoleon Bonaparte am 1. März 1803, kurz nach der Ernennung zum ersten Direktor des Louvre.
 
 
Sire, zwei Pferde der Quadriga auf dem Brandenburger Tor sind schon heruntergenommen. Das Übrige wird in drei Tagen erledigt und in acht Tagen verpackt sein. Allerdings habe ich mich mit den Berlinern nun wohl vollends überworfen; doch die Frauen mit ihrem untrüglichen Taktgefühl haben alle gesagt: Die Victoria hätte ich auch mitgenommen! Diese Trophäe ist umso glänzender, als sie keinerlei wirklichen Wert besitzt.
 
Aus einem Brief an Napoleon am 3. Dezember 1806 über den Stand der Arbeiten zur Wegnahme der Berliner Quadriga.
 
 
Was wollen Sie, soll ich etwa nichts nehmen? Nun, so wird ein anderer kommen, der alles abholt.
 
Denon zu Ludwig Völkel, dem Direktor der Sammlung des Fridericianums in Kassel, Januar 1807.
 
 
Möge meine Arbeit mir die Wertschätzung jener Menschen erhalten, die in mir weniger den Amtsinhaber als den passionierten Kunstfreund gesehen haben.
 
Aus einem Brief an einen englischen Freund, vier Monate nach seiner Demission, im Februar 1816.
 

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